Vor dem Hintergrund des 50jährigen Jubiläums des CDU-Gemeindeverbandes hat der hiesige Landtagsabgeordnete Dr. Albrecht Schütte (stehend) am Mittwoch vergangener Woche im Clubhaus Eichtersheim des TSV Angelbachtal Einblicke in die deutsche und europäische Energiepolitik gewährt.
Im Winter droht eine Gasmangellage – Kohle und Öl können von anderen Orten importiert werden Dr. Albrecht Schütte informierte über Energiepolitik – Embargo verursacht Russland höhere Kosten
Angelbachtal. (abc) „Aktuelles zur Energiepolitik“ hat der Landtagsabgeordnete Dr. Albrecht Schütte (CDU) am vergangenen Mittwoch im Clubhaus Eichtersheim des TSV Angelbachtal mit der Bevölkerung diskutiert. Dies geschah auf Einladung des hiesigen Gemeindeverbandes, kurz nachdem dieser das 50jährige Bestehen gefeiert hatte. Zuvor war der Politiker im Ort von Haus zu Haus unterwegs gewesen. „Maßnahmen zum Klimaschutz sind ganz wichtig“, betonte Schütte gleich zu Beginn. Bei der Sicherung der Energieversorgung im Winter 2022/23 stehe allerdings die Dringlichkeit im Mittelpunkt der Überlegungen. Als promovierter Physiker ging er anschließend analytisch an dieses Thema sowie die Möglichkeiten heran, Energie und Emissionen einzusparen. „Wunsch und Wirklichkeit liegen oft Größenordnungen auseinander“, schickte Schütte voraus und belegte dies anhand mehrerer aktueller Ziele, die im Rahmen der Energiewende erreicht werden sollen.
Aktuell, so Schütte weiter, werden Erdgas und Kohle derzeit nahezu komplett importiert. 35 Prozent des Erdöls, mehr als die Hälfte der Steinkohle und etwa 40 Prozent des in Deutschland verbrauchten Erdgases wurde vor dem Ukraine-Konflikt aus Russland importiert. „Die EU hat im April beschlossen, ab dem 10. August keine Kohle-Importe aus Russland zu beziehen“, erklärte Schütte. Zusätzliche Kohle kommt nun stattdessen etwa aus Kolumbien, wofür unter Umständen Anpassungen bei Großkraftwerken notwendig sei. Gleiches ist auch bei den ostdeutschen Raffinerie Schwedt notwendig, die bislang russisches Erdöl verarbeitet hat. „Eine Ölmangellage haben wir nicht“, beruhigte Schütte die Zuhörer, betonte aber auch, dass Russland das für Europa vorgesehene Öl stattdessen beispielsweise nach Indien verkaufe. Der angedachte Effekt, die russische Wirtschaft durch Sanktionen zu schwächen und dadurch den Krieg in der Ukraine früher zu beenden, ist dem CDU-Abgeordneten zufolge daher nicht vollständig spürbar. „Es ist aber natürlich für Russland mit höheren Kosten und weniger Einnahmen verbunden, wenn man klar sagt, dass wir ein Embargo auch auf Öl, Kohle und Gas beziehen“, bekräftigte Schütte. „Seit dem 24. Februar ist klar, dass man etwas tun muss“, rief er danach nochmals die Eskalation des Ukraine-Konfliktes in Erinnerung. Insbesondere der Ersatz russischen Erdgases ist kompliziert und erst längerfristig realisierbar: „Bis zum Winter 2022/23 kriegen wir kein Gas aus Katar“, versicherte Schütte und monierte dabei, dass die Grünen ihr Weltbild dahingehend komplett geändert hätten.
Amerikanisches Fracking-Gas gilt nun als weniger verwerflich. Aktuell wird das Gas in Deutschland zu 13% für elektrische Energie und zu 7% für Fernwärme verwendet. Jeweils 40% des vorhandenen Erdgases werden zum Heizen von Privathaushalten sowie in der Industrie eingesetzt. Das verstromte Gas ließe sich fast überall problemlos durch andere Energiequellen ersetzen, die Fernwärme ebenfalls zum Teil. Der Energieverbrauch in Privathaushalten lässt sich schwer senken, vor allem aber hängt er vom Wetter ab. „Bei einem kalten Winter wird es schwierig, falls es eher mild bleibt, kommen wir viel besser durch.“, so Schütte. Industriebetriebe können Gas nicht komplett ersetzen. „Manchmal braucht man den chemischen Stoff oder die Prozesswärme“, erklärte der Landtagsabgeordnete. Allerdings könne bei Industriebetrieben ein Teil des Gasverbrauchs ersetzt werden. In Kombination mit der Einrichtung von Flüssiggasterminals bis Jahresende, Erhöhung des Imports aus anderen Ländern, sei es möglich die Gasversorgung sicherzustellen, dazu aber müsse jetzt auf Bundesebene gehandelt werden.
Das Hauptproblem der Bundesregierung sieht er momentan vor allem in der langen Vorbereitungszeit, bevor notwendige Veränderungen angegangen werden: „Das, was ich der jetzigen Bundesregierung politisch ankreide, ist, dass man nicht handelt“, resümierte Schütte, der Flüssiggas-Importe per Schiff als einen der Lösungsansätze der befürchteten Energieknappheit im Winter sieht. „Wenn wir jetzt nichts tun, sondern hoffen, dass Nordstream I irgendwann wieder angeschaltet wird, und dann mal gucken, ob er es wieder anschaltet und wieviel, dann ist im November ein Handeln nicht mehr möglich“, warnte der CDU-Politiker. Ihm zufolge muss man jetzt umschalten, damit die Bundesrepublik Deutschland nicht am Jahresende im Kalten sitzt. Fehle es an Gas zum Heizen würden sehr schnell viele Privathaushalte Strom dafür nutzen und so auch das Stromnetz an den Rande der Belastung bringen. „Auf ein Gasproblem folgt sofort ein Stromproblem“, warnte der Landtagsabgeordnete. Daher befürwortet er den sogenannten Streckbetrieb der Kernkraftwerke. Jetzt könne man die Energie in den Brennstäben sparen, weil genug Strom zur Verfügung stehe und der Verbrauch niedriger als im Winter ist. Dann könnten dafür die 3 verbliebenen Kraftwerke im Januar bis März noch laufen. Dadurch gebe es kein Gramm zusätzlichen atomaren Müll.
In einer anschließenden Fragerunde wurden unter anderem dahingehend Möglichkeiten diskutiert. Am Ende fand sich aber keine Lösung für die drohende Gasknappheit, weshalb sich die Vorsitzende des CDU-Gemeindeverbandes, Stephanie Brecht, aber trotzdem nicht entmutigen ließ. Sie dankte Albrecht Schütte für die detaillierten Einblicke in die deutsche sowie europäische Energiepolitik und warb abschließend noch für die Jubiläums-Matinee am Sonntag, 24. Juli von elf bis 15 Uhr auf dem Vorplatz der Sonnenberghalle. Dort spielen dann unter anderem die „Heidelberg JazzMen“ Rock, Pop und Jazz vom Feinsten. Der Eintritt ist frei.